Die
Seldschuken Über die Dynastie, die den Islam im Orient wiederbelebte |
Der berühmte Qadi und Historiker Nordafrikas, Ibn Khaldun,
schrieb in seiner Muqaddima sinngemäß, dass Allah die Türken sandte, um den Islam zu
retten. Dies wird deutlich, wenn wir das Sultanat bzw. Khalifat der Osmanen betrachten,
die seit ihren Anfängen unter ihren Stammvater Osman Ghazi zu den erbittersten und
erfolgreichsten Verteidigern des Dins und des muslimischen Gemeinwesens zählten. Aber auch die Osmanen kamen nicht aus einer Art dunkler, geheimnisvoller Zeitlosigkeit, sondern wurden geprägt und ermöglicht durch ihre Vorläufer, die anatolischen Seldschuken, die wiederum die rechtmäßigen Nachfolger der Großen Seldschuken waren. Entgegen der landläufigen Meinung von europäischen Orientalisten und ihren orientalischen Schülern, waren die Seldschuken keine Horde ungebildeter Barbaren, die die großartige arabische Kultur verheerten. Betrachten wir das beeindruckende Vorbild der Seldschuken, so können wir sehen, das diese, wie die Berber in Nordafrika und die Westgoten in Spanien, zu jenen Randvölkern des Dar ul-Islam gehörten, deren Integrierung in die Ummah den Islam belebte, stärkte und reinigte. Vor ihrem Erscheinen auf der politischen Tagesordnung des damaligen muslimischen Ostens, war aus dem einheitlich regierten Gebiet, das durch die politische Fähigkeit und Autorität der ersten abbasidischen Khulafa entstand, ein politischer Flickenteppich geworden, der nicht selten von sektiererischen Familien regiert wurde, die - so widersprüchlich sie untereinander waren - Eines einte: die Abneigung und die Verachtung gegenüber jeglicher Art höherer Autorität. Es gab natürlich auch schon vor dem Erscheinen der Seldschuken beeindruckende muslimische Führer. Dazu zählten nicht von ungefähr die türkischen Ghasnawiden, die - im Afghanistan beheimat - unter dem großen Ghazi Mahmud von Ghasna, langsam aber stetig die Grenze des Dar al-Islam über den Indus hin ausbreiteten. Ihnen fehlte aber das Momentum ihre Herrschaft auch nach Westen auszudehnen und so dem in Baghdad bedrängten Khalifen die notwendige Unterstützung bieten zu können. Es sollten die Nachkommen des Ghazis sein, die der Wucht der aus Zentralasien stammenden Seldschuken nichts entgegenzusetzen hatten. Obwohl bereits während des 10. und 11. Jahrhunderts einzelne türkische Befehlshaber im Siebenstromland und in Ägypten beachtenswerten - und manchmal entscheidenden Einfluss - erlangten, so markierte doch die Ankunft der seldschukischen Türken das erste, breit angelegte Eindringen türkischer Elemente in den Mittleren Osten. |
Als Nachkommen eines Stammesführers namens Seldschuk, dessen Heimat am Fluß Oxus nahe des Aralsees lag, entwickelten die Seldschuken nicht nur eine sehr effektive Streitmacht, sondern auch, durch ihre Kontakte zur persischen Bildungsschicht in Khorasan und Transoxanien, eine Formation an fähigen Verwaltern. Ausgehend von Zentralasien bis zu den byzanthinischen Marken in Kleinasien, bildete das seldschukische Gemeinwesen unter seinen ersten drei Amiren, den Sultanen Tughril Beg, Alparslan und Malikschah, ein zusammenhängendes, gut regiertes Gebiet der Sunnah, welches die Autorität des Khalifs in Baghdad anerkannte, und diese auch zuweilen gegen dessen Feinde verteidigte. Einer seiner Verwalter, der Perser Nizam al-Mulk, wurde zu einem der
größten Staatsmänner des mittelalterlichen Islam. Über zwanzig Jahre hindurch,
insbesondere während der Herrschaft Malikschahs, war er der Hüter des seldschukischen
Gemeinwesens. Neben seinen unbestreitbaren Fähigkeiten auf dem Bereich der Verwaltung,
war er ein geachteter Denker und Schriftsteller, dessen Buch über die Staatskunst,
Siyasatnameh, ist eine wertvolle Quelle für das politische Denken der Muslime jener Zeit.
Quelle: Islamische Zeitung |