Friedrich
Nietzsche
Ahmad Gross über den "Philosphen mit dem Hammer" |
Friedrich
Nietzsche (1844-1900) wird als Sohn eines Pfarrers in Röcken bei Leipzig geboren. Im
Alter von 25 Jahren erhält der hochbegabte junge Gelehrte eine Professur für Klassische
Philologie an der Universität Basel, die er zehn Jahre lang inne hat. Gesundheitliche
Probleme führen schließlich zur Beendigung seiner akademischen Tätigkeit. In den
folgenden Jahren lebt er als Schriftsteller und Denker in verschiedenen Städten der
Schweiz und Norditaliens: in Sorrent, Sils-Maria, Genua, Rapallo, Nizza und Turin, wo er
Werke von Weltruf schreibt, wie "Menschliches, Allzumenschliches", "Die
fröhliche Wissenschaft", "Also sprach Zarathustra", "Jenseits von Gut
und Böse", "Die Genealogie der Moral", "Der Wille zur Macht" und
zuletzt "Der Antichrist". Diese Werke erschlossen der gesamten abendländischen Philosophie eine gänzlich neue Richtung und waren der Ausgangspunkt für den Weg des großen Denkers unseres Jahrhunderts, Martin Heidegger. Zum einen sind Nietzsches Werke in ihrer Bedeutung für die deutsche Sprache so wichtig wie Luthers Bibel-Übersetzung und Goethes Werk gewesen. Über hundert Jahre nach ihrem Erscheinen haben sie von ihrem frischen Geist und ihrem scharfsinnigen Witz nichts eingebüßt und erscheinen heute wie das Werk eines Zeitgenossen, dessen Brillanz in das nächste Jahrhundert hinüberreicht. Weit wichtiger jedoch liegt seine Rolle für die europäische Geistesgeschichte an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend darin, den zweitausendjährigen Gang abendländisch-christlichen Denkens zu seinem Abschluß gebracht zu haben. Ausgehend von dem Vorbild der Hochkultur des klassischen Griechenland, gelangt er in seinem Vergleich mit der modernen europäischen Kultur zu einer radikalen Kritik des Christentums, dessen Ende und Auflösung er schonungslos beschreibt. ("Was fällt, das soll man noch stoßen!") Nietzsche erfährt und beschreibt den allgemein um sich greifenden europäischen Nihilismus - den geistigen Zustand, der keinerlei Ziele mehr hat - als Ergebnis der irregegangenen zweitausendjährigen christlichen Moral-Lehre. Nach der Diagnose der christlichen Moral, die den Menschen krank mache, gelangt er in einer großen geistigen Anstrengung zu einem hellen, nüchternen Tatsachensinn ("Fröhliche Wissenschaft"), zum "Willen zur Macht" und zur Sehnsucht nach dem "Übermenschen", dem "lachenden Löwen". Ihm gehöre nach einer Zeit, in der "der Kampf um die Erdherrschaft ...im Namen von philosophischen Grundlehren...geführt werden wird" die Zukunft. In seinen letzten Schaffensjahren kreist das Denken des "Philosophen mit dem Hammer" zunehmend um die "Umwertung aller Werte". Sein berühmtes Wort lautet: "Gott ist tot!" und spricht das Ende der christlichen Gottes-Vorstellung aus. Für uns Muslime ist dies der entscheidende Ansatzpunkt für einen "anderen Anfang" im geistigen Vakuum unserer Zeit. Allah kann nicht - wie es oft geschieht - leichtfertig mit "Gott" übersetzt werden. |
Denn der Begriff "Gott" kommt aus der
christlich-moralischen Tradition, die im 19. Jh. als sinnstiftender Weg geschichtlich an
ihr Ende gelangt ist. Wenn heute ein Muslim, z.B. im Gespräch mit Nicht-Muslimen, das
Wort "Gott" anstelle von Allah benutzt, so glaubt er vielleicht Allah zu meinen,
tatsächlich ruft er jedoch - anstatt Allah - zwangsläufig das christliche Gottesbild
herbei. Denn im Klang eines jeden Namens ist, wie Goethe sagt, die Bedeutung immer schon
untrennbar eingekörpert. Sprechen wir von Gott, so sprechen wir von etwas anderem als von
Allah. Gott ist tot. Allah ist. Und Allah ist größer als jede Vorstellung: Allahu Akbar! Nietzsches
letzte Gedanken (Zitat) im Antichrist beschäftigen sich folglich mit Deutschland und dem
Islam und sprechen für sich. Sie riefen vor hundert Jahren nach dem, was heute in
Deutschland tatsächlich zu einer machtvollen Wirklichkeit wird: Die Überwindung des
abendländischen Nihilismus durch das Licht des Islam in Europa. Quelle: Islamische Zeitung
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